Ausstellung von Foto-Kompositionen des Künstlerehepaares Angelika und Ulrich Hohloch

September 2009 bis Juli 2010

„Auf den Zweiten Blick“

Motiv 05_020
brennendes Haus
Potemkinsche Fassaden

Zum Werk:

Angelika und Ulrich Hohloch präsentieren mit den „Auf den Zweiten Blick“ Bildserien, die uns gleichzeitig irritierend und vertraut erscheinen. Irritierend, weil die Bilder ganz offensichtlich konkrete Bestandteile der Realität abbilden, ohne ein vordergründig sinnvolles Ganzes wiederzugeben. Vertraut, weil wir sie relativ spontan einem kunsthistorischen Kontext zuordnen: Dem Surrealismus eines Salvador Dali und den optischen Illusionen eines Maurits Cornelis Escher und eines René Magritte.

Trotz naheliegender Bezüge zum Surrealismus sind die Bildserien „Auf den Zweiten Blick“ kein Versuch, das Unbewusste abzubilden, sondern lassen sich eher in der Tradition eines René Magritte oder eines Rob Gonsalves als reflektierte Wirklichkeit verstehen. Der tatsächlichen Realität stellen Angelika und Ulrich Hohloch Ideen und ihr Verständnis von Werten entgegen. Dabei ist es insbesondere die Symbolkraft der Motive und der Farben, die den Bildern ihre Faszination verleiht.

Alles Fassade ist ein wiederkehrendes Motiv in ihren Arbeiten. Vermeintliche Gebäude erweisen sich als bloße Fronten, deren leere Fensteröffnungen den Blick auf den Himmel freigeben und entlarven auf diese Weise eine Welt oder besser eine Scheinwelt, in der Schein mehr ist als Sein. Allerdings sind die Fassaden selbst brüchig, erscheinen gleichsam nur als Überreste vor dem Hintergrund einer keineswegs idyllisch anmutenden Natur. Abgestorbene Bäume greifen wie Skeletthände nach den Häuserfronten und durchbohren die Fensteröffnungen mit ihren fingerartigen Ästen. Die Dominanz der Natur über die Werke des Menschen ist hier kein Zurück zur Natur, sondern ein elementarer Akt, in dem das Leben von wuchtigen Felsen und unerklärlichen Himmelsfärbungen zurückgedrängt wird. Folgerichtig erscheint der Mensch, wenn er überhaupt erscheint, als zu vernachlässigender Faktor.

Paradiesische Idylle entsteht nur da, wo der Mensch seine Rolle ausgespielt hat. Antike Trümmer und mittelalterliche Mauern sind als menschliche Spuren unübersehbar. Das Paradies wird allerdings nur von Tieren bewohnt und, wie die Gans im Vordergrund verdeutlich, auch bewacht. Das lachende Pferd zeugt ebenso von Harmonie wie das friedliche Gewässer im Hintergrund.
Zahlreiche Arbeiten könnten vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion über den Klimawandel verstanden werden. Eine derartige Interpretation würde zu kurz greifen. Angelika und Ulrich Hohloch verschreiben sich geradezu der Vielfalt von Dimensionen und dem Wandel von Perspektiven.

Während die dritte Dimension in der Malerei längst Tradition ist, wir alle kennen die Zeichnungen von Escher und die Gemälde von Magritte, gilt die Fotografie als die klassische Disziplin der Zweidimensionalität. Angelika und Ulrich Hohloch beweisen, dass die dritte Dimension auch in die Fotografie möglich ist. Das Ergebnis sind Bilder, die gleichzeitig stimmig und unstimmig sind. Auf den ersten Blick wirkt alles normal, erst bei genauerem Hinsehen, erkennt der Betrachter, dass das Abgebildete nicht real sein kann. Das Spiel mit den Perspektiven wird wiederum eingebettet in Naturereignisse, Wolkenwirbel und Wolkenformationen, deren Farbgebung den irrealen Charakter des Dargestellten unterstreicht.

Geradezu paradox mutet es an, wenn der Ausweg zum Labyrinth von Wegen, Wasser, Mauern, Toren und Abgründen versperrt wird. Aber in unserer hochkomplexen Welt sind einfache Lösungen kaum mehr möglich.

Angelika und Ulrich Hohloch wollen mit ihren komplexen Bildern Geschichten erzählen. Geschichten über Werte wie Hoffnung, Zeit, Geborgenheit und den drohenden Verlust eben dieser Werte. Es sind Bilder, in denen der Mensch in den Hintergrund tritt. Bilder die Kontinuität, aber auch Wandel ausdrücken, in denen die Perspektiven aus den Fugen geraten sind, die Bewegung, aber auch Licht beinhalten. Und natürlich immer wieder Wasser. Auffällig ist, dass kaum ein Bild konsequent pessimistisch ist. Die höchsten Wogen finden ihren Gegenpol in ruhigem Gewässer und trotz dramatischer Himmelsfärbung bricht Licht durch die Wolken.

Ganz bewusst geben die Künstler den Bildern der „Auf den Zweiten Blick“ keine individuellen Titel. Damit lassen sie dem Betrachter alle Freiheiten in der Wahrnehmung und Interpretation. Ihre Bilder erzählen Geschichten. Unser Verständnis des Dargestellten und Erzählten hängt immer auch von unseren Sehweisen, unseren Erfahrungen und unseren Erwartungen ab.
Ulrich Hohloch ist gelernter Werbefotograf, studierte an der Kunstakademie Stuttgart Kunst und Fotografie und war jahrelang als Fotodesigner und Werbegrafiker erfolgreich. Als Fotograf der vordigitalen Ära beherrscht er das Handwerk der fotografischen Illusion mit der analogen Großformatkamera.

Die fotografischen Kompositionen der „Auf den Zweiten Blick“ beruhen zum großen Teil auf digitaler Bildbearbeitung. Ausgangspunkt jedes Bildes ist eine Idee, die von dem Künstlerpaar in ein Konzept übertragen und skizziert wird. Die einzelnen Bildbestandteile werden auf Reisen durch Katalonien gesucht, akribisch nach der notwendigen Lichtstimmung ausgewählt und mit der Großformatkamera aufgenommen. Anschließend werden die Negative digitalisiert und aufwendig mit einem Bildbearbeitungsprogramm am Computer zusammengesetzt.

Herbert List, Zeitgenosse von Andreas Feininger und selbst begnadeter Fotograf, schrieb 1943:
„Manche Künstler haben eine Vision, ohne ihr eine Form geben zu können, andere versuchen zu gestalten, ohne ein inneres Bild zu haben. Wichtig ist, dass die technischen Mittel der künstlerischen Idee, der Realisierung des inneren Bildes dienstbar gemacht werden“.

Die Bilderreihe „Auf den Zweiten Blick“ von Angelika und Ulrich Hohloch beweisen, dass allen technischen Möglichkeiten zum Trotz, die künstlerische Fotografie auch heute der künstlerischen Idee, der Vision oder wie List es nennt, des inneren Bildes bedarf.

Lebenslauf Ulrich Hohloch

Bildergalerie und weitere Informationen zum Künstlerehepaar und ihren Werken www.hohloch.com